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Wie beweist man was im Zivilprozess? – Ein Leitfaden zur Beweisführung.

Im Zivilprozess geht es nicht nur darum, seine Sicht der Dinge darzulegen, sondern vor allem darum, die eigenen Behauptungen zu beweisen. Viele Menschen verstehen nicht, dass eine bloße Erzählung oft nicht ausreicht – es bedarf konkreter Beweise, die vor Gericht Bestand haben. In diesem Beitrag erläutern wir die fünf wichtigsten Beweismittel und erklären, worauf Sie achten müssen, um Ihre Aussagen erfolgreich zu untermauern.

1   Der Zeugenbeweis: Aussagen, die Gewicht haben

Zeugen spielen im Zivilprozess eine bedeutende Rolle. Beim Zeugenbeweis (§§ 373 ff. ZPO) kann jede Person, die selbst nicht Partei des Prozesses ist, als Zeuge auftreten. Ein Zeuge berichtet über Tatsachen, die er persönlich wahrgenommen hat. Zeugen müssen wahrheitsgemäß und vollständig aussagen, können aber auch ein Zeugnisverweigerungsrecht haben – etwa bei engen Familienangehörigen. Zeugen als Beweise anzubringen ist eine sehr gute Möglichkeit.

Beispiel: Thomas verklagt Autofahrer A wegen eines Unfallschadens. Der Fahrer behauptet, dass er zum Unfallzeitpunkt nicht gefahren sei, sondern krank zu Hause war. Er nennt seine Ehefrau als Zeugin. Obwohl ein Ehepartner eine besondere Beziehung hat, kann diese Zeugin dennoch glaubwürdig sein. Das Gericht prüft, ob ihre Aussage mit anderen Tatsachen übereinstimmt, und entscheidet so über die Glaubwürdigkeit.

Tipp: Dokumentieren Sie, was Ihre Zeugen aussagen können, und klären Sie ab, ob sie vor Gericht erscheinen und aussagen würden. Aber selbst wenn nicht, dann nennen Sie diese Beweise dem Rechtsanwalt. Denn ein Zeuge kann es sich nicht selbst aussuchen, ob er kommen will. Das entscheidet das Gericht.

2   Der Sachverständigenbeweis: Fachwissen entscheidet

Wenn es um technische, medizinische oder handwerkliche Fragen geht, kommt der Sachverständigenbeweis (§§ 402 ff. ZPO) ins Spiel. Ein Sachverständiger bringt sein Wissen zu einer umstrittenen Tatsache ein, oft in Form eines Gutachtens. Die Wahl des Sachverständigen erfolgt durch das Gericht, und beide Parteien können dazu Stellung nehmen.

Beispiel: Bei einem Baufehlerprozess muss beurteilt werden, ob die Ausführung der Arbeit mangelhaft war. Beweise müssen her. Ein Gutachter wird bestellt, um festzustellen, ob Standards eingehalten wurden und ob eine Reparatur erforderlich ist.

Tipp: Achten Sie darauf, dass das Gutachten detailliert und nachvollziehbar ist. Ein eigenes, privat eingeholtes Gutachten gilt zwar als „Parteivortrag“, hat aber vor Gericht keine eigenständige Beweiskraft. Deswegen nicht vorschnell für derartige Beweise unnötig Geld ausgeben. Vorher besser mit dem Rechtsanwalt besprechen, welche Beweise wirklich sinnvoll und risikofrei sind.

3   Der Urkundenbeweis: Dokumente sprechen für sich

Der Urkundenbeweis (§§ 415 ff. ZPO) zählt zu den am häufigsten eingesetzten Beweismitteln. Er umfasst alle schriftlichen Dokumente, die eine bestimmte Erklärung enthalten, etwa Verträge, Briefe, E-Mails, WhatsApp-Nachrichten, Quittungen und ärztliche Atteste. Es wird zwischen privaten und öffentlichen Urkunden unterschieden. Öffentliche Urkunden, wie notarielle Dokumente, haben vor Gericht eine hohe Beweiskraft.

Beispiel: Sarah behauptet, dass ihr ehemaliger Vermieter die Kaution nicht zurückgezahlt hat. Sie legt den schriftlichen Vertrag und den Überweisungsbeleg ihrer Zahlung der Kaution als Beweise vor, um ihre Forderung zu untermauern.

Tipp: Achten Sie darauf, vollständige und nachvollziehbare Dokumente einzureichen. Ein Ausdruck einer E-Mail ohne Absender- und Zeitangaben kann leicht angezweifelt werden. Unvollständige Beweise bringen einen nicht weiter und verlieren an Beweiskraft.

4   Augenschein: Wenn das Gericht selbst Beweise prüft

Der Augenscheinbeweis (§§ 371 ff. ZPO) bedeutet, dass das Gericht die strittige Sache oder den Gegenstand selbst in Augenschein nimmt. Dies gilt auch für Sinneseindrücke wie Geruch oder Geräusche und für Bilder, Fotos oder Videos. Elektronische Dokumente wie E-Mails oder Bildschirmaufnahmen werden im Augenschein als Beweise bewertet, gelten aber nicht als Urkunden im klassischen Sinn.

Beispiel: Klara klagt gegen eine Baufirma und behauptet, die Fliesen in ihrem Bad seien verfärbt. Das Gericht kann Augenschein durch eine Besichtigung vor Ort erheben, um die Beschaffenheit der Fliesen festzustellen.

Tipp: Fotografieren Sie bei Streitigkeiten das Problem und legen Sie, wenn möglich, die Originale vor. Hilfsweise können Sie diese Beweise auch auf dem Handy zeigen. Aber ein Rechtsanwalt weiß genau, wie Beweise vorbereitet werden müssen.

5   Parteivernehmung: Wenn Parteien selbst aussagen

Die Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO) ist eine Ausnahme und wird nur angewendet, wenn andere Beweismittel fehlen. Sie kommt zum Einsatz, wenn eine Partei nichts anderes beibringen kann oder ein sogenanntes „Vier-Augen-Gespräch“ geführt wurde. Hierbei vernimmt das Gericht die betroffene Partei selbst und wägt die Glaubwürdigkeit ab.

Beispiel: Alexandra und ihr Nachbar streiten darüber, ob sie ihn über anstehende Baumaßnahmen informiert hat. Beide waren bei dem Gespräch allein und haben keine weiteren Zeugen. Das Gericht kann die Parteien persönlich anhören, um einen Eindruck von den Aussagen zu gewinnen.

Tipp: Falls Sie nur die Aussage der Gegenseite haben, können Sie auf eine Parteivernehmung drängen, um eigene Aussagen zu untermauern. Das sind schwache Beweise, aber besser als gar keine.

6   Zusammenfassung und Fazit der Beweise

Der Zivilprozess folgt klaren Regeln der Beweisführung, und es ist Sache der Parteien, ihre Behauptungen zu beweisen. Die Parteien müssen alles selbst und eigenständig vorbringen (Beibringungsgrundsatz). Das Gericht darf nur über das entscheiden, was eine Partei eingebracht hat. Das Gericht darf im Zivilprozess keine eigene Ermittlungen oder eigene Ideen einbringen. Eine bloße Erzählung reicht vor Gericht selten aus; es bedarf verlässlicher Beweismittel wie Zeugen, Urkunden und Gutachten. Wer frühzeitig die richtigen Beweise sichert, stärkt seine Position erheblich.

Falls Sie Fragen zur Beweisführung oder zu den Anforderungen an bestimmte Beweismittel haben, können Sie sich gerne an mich wenden. Als erfahrener Rechtsanwalt stehe ich Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.

Hinweis

Dies ist lediglich ein erläuternder Blog-Beitrag. Oftmals ist das Recht komplizierter, weswegen ein kleines Detail die Richtung des Ergebnisses ändern kann.
Und auch oft unterschätzt: Es kommt vor allem darauf an, was man beweisen kann, und nicht was man denkt.

Deswegen ersetzt dieser Bericht keine Rechtsberatung. Bei einem konkreten Anliegen wird empfohlen, diesen auch konkret anwaltlich durch die Kanzlei Bartha prüfen zu lassen. Denn mit unserer langjährigen Erfahrung können wir meistens eine Tendenz abgeben, wie Ihre Erfolgsaussichten in dem Fall sein könnten.

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Dies ist lediglich ein erläuternder Blog-Beitrag. Oftmals ist das Recht komplizierter, weswegen ein kleines Detail die Richtung des Ergebnisses ändern kann. Und auch oft unterschätzt: Es kommt vor allem darauf an, was man beweisen kann, und nicht was man denkt.

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